Inhalt
1. Präambel
"Mit WIENXTRA
- beteiligen sich Kinder und junge Menschen am kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Leben.
- entwickeln Kinder und junge Menschen Ideen und setzen sie um.
- informieren sich Kinder und junge Menschen über das Leben in Wien und ihre Möglichkeiten.
- entdecken Kinder und junge Menschen neue Fähigkeiten und entwickeln sich weiter.
- haben Kinder und junge Menschen mit anderen Spaß.treffen Kinder und junge Menschen auf Erwachsene, die sie unterstützen und sich für sie interessieren." Auszug aus dem WIENXTRA Leitbild
WIENXTRA ist eine Organisation, für alle Kinder und jungen Menschen in Wien. Ob Feste, Musik, Kino, Spiel oder Medien – WIENXTRA lädt alle ein, mitzumachen und die Stadt zu gestalten.
Unser Fokus im Kinderschutz liegt darauf, Kinder und Jugendliche zu stärken sowie durch Empowerment ihre Selbstwirksamkeit zu unterstützen.
Wenn viele Menschen zusammenarbeiten, können trotz bester Absicht auch Fehler passieren. Und wo Fehler passieren muss darauf professionell reagiert werden. Aus Fehlern kann man lernen, um diese zukünftig zu verhindern.
Um Fehler so gut wie möglich zu vermeiden, wurde im April 2024 zum Start der Evaluierung dieser Kinderschutzrichtlinie mit allen Leitungen gemeinsam eine Risikoanalyse für ganz WIENXTRA erstellt. Auf Basis der Ergebnisse und ausgehend von den Erfahrungen seit Einführung unserer Kinderschutzrichtlinie im Jänner 2022 wurde diese vorliegende WIENXTRA Kinderschutzrichtlinie überarbeitet.
Entsprechend unserem Leitbild ist unser Handeln Kindern und jungen Menschen gegenüber geprägt von Respekt, Wertschätzung, Fairness und Engagement. Junge Menschen sind bei allen unseren Aktivitäten willkommen.
Wir begrüßen sie mit: Schön, dass du da bist, so wie du bist!
Wir schätzen einen freundlichen und wertschätzenden Umgang auf Augenhöhe,
WILLKOMMENS-Plakate in allen unseren Einrichtungen weisen darauf hin.
WIENXTRA stärkt Kinder und junge Menschen durch:
- Begegnung auf Augenhöhe
- Inklusion
- Partizipation
- Empowerment
- Freiräume
- Beratung
- Bedürfnisorientierung
- Kritische Parteilichkeit
2. Einleitung
Mit dieser Kinderschutzrichtlinie (KSR) verpflichtet sich WIENXTRA, die nationalen und internationalen Standards zum Kinderschutz einzuhalten, damit Kinder und junge Menschen bei allen unseren Angeboten gestärkt und gefördert werden, sich sicher fühlen können sowie den bestmöglichen Schutz erhalten. Eine Kinderschutzrichtlinie ist ein Qualitätsmerkmal für freiwillige Maßnahmen zur strukturellen Prävention von Gewalt. Mit dieser Selbstverpflichtung übernimmt WIENXTRA als Organisation Verantwortung zum Kinderschutz.
Die Kinderschutzrichtlinie soll das Bewusstsein der WIENXTRA-Mitarbeitenden und unserer Kooperationspartner_innen stärken und sicherstellen, dass im Verdachtsfall alle wissen, was zu tun ist. Der Zusammenhalt und das gute Zusammenspiel aller sind wichtig, denn niemand kann ein Kind alleine schützen. Alle Mitarbeiter_innen und Partner_innen sind sich ihrer gemeinsamen Verantwortung bewusst und ziehen zum Wohl der Kinder und jungen Menschen an einem Strang.
WIENXTRA ist Mitglied des Netzwerks Kinderrechte Österreich, einem unabhängigen Netzwerk mit mehr als 50 Mitgliedsorganisationen. Die Basis dieser Kinderschutzrichtlinie bilden die Kinderschutzrichtlinie des Netzwerks Kinderrechte Österreich und das WIENXTRA Leitbild.
3. Zweck und Reichweite der KSR
Die Rechte der Kinder und Jugendlichen stärken
Diese Kinderschutzrichtlinie wurde primär entwickelt, um sicherzustellen, dass die Rechte von Kindern und Jugendlichen während ihrer Teilnahme an Aktivitäten, Projekten, Programmen und Angeboten von WIENXTRA und allen unseren Kooperationspartner_innen, geachtet werden und sie vor jeglicher Form von Missbrauch, Vernachlässigung, (sexualisierter) Gewalt, Ausbeutung und Unfällen geschützt sind.
Junge Menschen und Mitarbeiter_innen schützen
Die vorliegenden Standards dienen zum Schutz der Kinder und Jugendlichen. Sie sollen Mitarbeitende sensibilisieren und im Verdachtsfall Orientierung geben. Darüber hinaus dienen sie dem Schutz der Mitarbeitenden sowie externer Fachkräfte/Partner_innen, die im Auftrag von WIENXTRA tätig sind, vor falschen Anschuldigungen.
4. Rechtlicher Rahmen
Die Rechte von Kindern und Jugendlichen, einschließlich ihres Schutzes vor jeglicher Form von Gewalt, sind auf globaler, nationaler und regionaler Ebene in (verschiedenen) Konventionen und Gesetzen verankert, insbesondere durch Gesetze zum Kinder- und Jugendgewaltschutz.
Die UN-Kinderrechtskonvention und ihre drei Zusatzprotokolle bilden den übergeordneten Bezugsrahmen. Die vier Grundprinzipien sind selbstverständlicher Teil unserer Haltung:
- das Recht auf Gleichbehandlung
- der Vorrang des Kindeswohls
- das Recht auf Leben und persönliche Entwicklung
- die Achtung der Meinung des Kindes
Die UN-Kinderrechtskonvention definiert "jeden Menschen als Kind, der das achtzehnte Lebensjahr noch nicht erreicht hat, es sei denn, dass das jeweils geltende nationale Recht eine frühere Volljährigkeit festlegt".
Die Gefahr für grenzverletzendes Verhalten, für Gewalt in welcher Form auch immer, ist leider in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und auch zwischen Kindern und Jugendlichen immer gegeben. In Österreich ist seit 1989 der Einsatz jeglicher Form von Gewalt gegen Kinder als Erziehungsmittel in der Familie, in Schulen und Einrichtungen verboten. Den Staat und alle, die mit Kindern leben und arbeiten, trifft eine Schutzpflicht, Gewalt zu verhindern bzw. Kinder vor (weiteren) Übergriffen zu schützen, diese aufzuklären und Täter_innen zur Verantwortung zu ziehen.
Der Kinderschutz zielt darauf ab, ein stärkendes und schützendes Lebensumfeld für Kinder zu schaffen, zur Gewährleistung der Kinderrechte auf Schutz vor Gewalt und Ausbeutung. Voraussetzung für die Erfüllung dieser Aufgabe ist, dass verschiedene Akteur_innen zusammenarbeiten, einschließlich Familie, Kinder- und Jugendhilfe, Gesundheitswesen, Schule, Freizeiteinrichtungen, Jugendarbeit und Polizei. Gesetzliche Mitteilungspflichten bzw. behördliche Anzeigepflichten bei begründetem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung sollen ein Zusammenwirken dieser Stellen sicherstellen. (Siehe Einstufungsraster für Umgang mit grenzverletzendem Verhalten)
Die WIENXTRA-Kinderschutzrichtlinie verwendet entsprechend der UN-Kinderrechtskonvention und der Österreichischen Bundesverfassung über die Rechte der Kinder und das allgemeine Gewaltverbot gegen Kinder einen sehr breiten Gewaltbegriff.
5. Formen der Gewalt
Die Formen der Gewalt reichen von physischer, sexualisierter bis zu psychischer und emotionaler Gewalt sowie Vernachlässigung und strukturelle Gewalt.
WIENXTRA ist sensibilisiert auf das Zusammenwirken mehrerer Unterdrückungsmechanismen, also Mehrfachdiskriminierung und Intersektionalität. Gewalt kann durch Erwachsene ausgeübt werden oder zwischen Kindern und Jugendlichen, sie kann physisch oder digital angebahnt und umgesetzt werden und schließt Autoaggression mit ein.
Körperliche Gewalt
Absichtliche Anwendung von körperlichem Zwang zum Nachteil des Kindes, unabhängig von der Intensität des Zwangs – sie reicht vom leichten Klaps über Schütteln und schwere Schläge bis zur Anwendung von Stöcken und anderen Gegenständen.
Psychische Gewalt
Formen der Misshandlung mit psychischem oder emotionalem Druck, einschließlich Demütigung des Kindes, Beschimpfen, in Furcht versetzen, Ignorieren, Isolieren und Einsperren, Miterleben von häuslicher Gewalt sowie hochstrittige Pflegschaftsverfahren, Stalking, Mobbing/Bullying und Cyberbullying (mithilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien, zum Beispiel Sozialen Medien) sowie sonstige Formen von psychischer Gewalt, die sich vorwiegend im beziehungsweise übers Netz manifestieren, wie zum Beispiel Verhetzung, Diskriminierung und Grooming (Vertrauen eines Kindes übers Internet erschleichen um dieses zu missbrauchen).
Sexualisierte Gewalt/sexueller Missbrauch
Verleitung bzw. Zwang von Kindern zu sexuellen Handlungen; erfolgt oftmals auch in Verbindung mit sexueller Ausbeutung, zum Beispiel durch Herstellung und Verbreitung von Missbrauchsbildern im Internet. Sexualisierte Übergriffe können sich außerdem manifestieren: durch Verwendung von nicht altersadäquaten Worten und Begriffen; durch die tatsächliche oder angedrohte sexuell motivierte Berührung eines Kindes; durch Aktivitäten ohne körperlichen Kontakt wie zum Beispiel das Zeigen von pornographischem Material oder Zeigen beziehungsweise Berühren der eigenen Geschlechtsteile in Anwesenheit des Kindes.
Genderdimension von Gewalt und Ausbeutung
Kinder und Jugendliche können Gewalt und Ausbeutung in unterschiedlichen Formen erfahren, die mit Geschlecht und geschlechtsspezifischen Abhängigkeitsverhältnissen und Situationen in Verbindung stehen. Auch dieser Aspekt ist in der Prävention und im Schutz zu berücksichtigen.
Strukturelle Gewalt
Geht nicht von einem handelnden Subjekt aus, sondern ist in das Gesellschaftssystem eingebaut. Sie äußert sich in ungleichen Machtverhältnissen und folglich ungleichen Lebenschancen von Frauen und Männern, jungen und alten Menschen, Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen oder Lebensformen.
Ökonomische Gewalt
Kinder sind von ökonomischer Gewalt betroffen, wenn ihre Familie armutsgefährdet und aufgrund dessen ihr Kindeswohl gefährdet ist. Kinder aus armutsbetroffenen Familien sind durch kontinuierlichen Ressourcenmangel von vielen Erfahrungen ausgeschlossen und besonders in den Bereichen Soziales, Bildung und Gesundheit oft von Diskriminierung betroffen.
Vernachlässigung
Das Vorenthalten von Leistungen zur Befriedigung kindlicher Bedürfnisse (physisch, psychisch, emotional, sozial), obwohl die Möglichkeit dazu bestünde; im Extremfall: Aussetzung des Kindes.
"Schädliche Praktiken"
Manchmal als "traditionsbedingte" Formen von Gewalt bezeichnet; umfassen etwa bestimmte Züchtigungspraktiken, Gewalttaten "im Namen der Ehre", weibliche Genitalverstümmelung sowie Kinderehen/Zwangsverheiratung.
6. Maßnahmen zum Kinderschutz
Folgende Maßnahmen dienen zur Umsetzung des Kinderschutzes bei WIENXTRA:
- Verhaltenskodex zum Kinderschutz
- Standards für die Personal- und Partner_innenauswahl
- Sensibilisierung und Fortbildung
- Haltung von WIENXTRA
- Standards für Kommunikation und Datenschutz
- Professionelles Beschwerdemanagement
- Transparentes Fallmanagement
- Kinderschutzbeauftragte_r KSB
- Evaluation der KSR und Risikoanalyse
- Dokumentation und Bekanntmachung
6.1. Verhaltenskodex
Alle Personen, die bei WIENXTRA beschäftigt sind, bekommen diese Kinderschutzrichtlinie in der Willkommensmappe. Und alle, die direkt mit Kinder und Jugendlichen arbeiten, unterzeichnen den Verhaltenskodex zum Kinderschutz und verpflichten sich somit, aktiv zu einem geschützten Umfeld für Kinder und Jugendliche beizutragen. Dies betrifft angestellte Mitarbeitende und freie Dienstnehmer_innen. Damit soll ein professioneller und persönlicher Schutzstandard von allen gewährleistet werden. Verhaltenskodex
6.2. Standards für Personal- und Partnerinnenauswahl
Alle Mitarbeiter_innen von WIENXTRA müssen seit Jänner 2023 eine Strafregisterbescheinigung vorlegen. Zusätzlich müssen alle Mitarbeiter_innen, die direkt mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, die erweiterte Strafregisterbescheinigung Kinder- und Jugendfürsorge vorlegen.
Bei der Aufnahme von Mitarbeiter_innen mit pädagogischen Aufgaben wird deren Haltung zu den Kinderrechten, einem wertschätzenden Miteinander und dem Schutz vor Gewalt thematisiert.
Alle Kooperationspartner_innen, mit denen wir Verträge abschließen, müssen eine eigene Kinderschutzrichtlinie haben oder sich schriftlich verpflichten, die Kinderschutzrichtlinie von WIENXTRA einzuhalten, damit im Verdachtsfall alle Mitarbeiter_innen und Kooperationspartner_innen zusammen den Schutz der Kinder und Jugendlichen gewährleisten können.
6.3. Sensibilisierung und Fortbildung
WIENXTRA trägt dafür Sorge, dass alle Mitarbeiter_innen die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, mit diesen einen wertschätzenden Umgang auf Augenhöhe pflegen. Darüber hinaus sollten alle Mitarbeiter_innen über Basiskenntnisse der Gewaltprävention inklusive der Prävention sexualisierter Gewalt sowie das Erkennen von Signalen für Missbrauch verfügen. Dazu gibt es regelmäßig Fortbildungen im IFP und auf Wunsch maßgeschneiderte für alle Teams.
In Teamsitzungen und Teamsupervisionen muss es Zeit und Raum für Austausch, gegenseitiges Feedback und Anregungen geben. Wichtig sind eine offene Haltung und eine positive Einstellung zu Fehlern, damit Mitarbeiter_innen auch Fragen zu Ambivalenzen wie den richtigen Umgang mit Kindern und Jugendlichen im Hinblick auf Nähe und Distanz, subtile Gewalt oder Sexualität stellen können.
Umgang mit Ambivalenzen im pädagogischen Alltag:
- Wahrung körperlicher Grenzen und Körperfreundlichkeit (body positivity)
- Respekt gegenüber der Intimsphäre und Ermöglichen von Intimität
- Notwendige Entsexualisierung und Sexualitätsbejahung (Sexualität als integraler Bestandteil von Persönlichkeit alle Menschen auf kognitiver, emotionaler, sensorischer und körperlicher Ebene)
- Verhinderung von Gewalt und Akzeptanz aggressiver Gefühle
- Professionelle Nähe im Sinne von Zugewandtheit und professionelle Distanz im Sinne von klaren und transparenten Rollen
- Gestaltung des Mittelfeldes zwischen zu viel Nähe und zu viel Distanz
- Hilfe wo nötig und Autonomie wo möglich (altersadäquat)
- Rahmenvorgaben und Selbständigkeit
- Den Menschenrechten verpflichtet aber darüber hinaus nicht voreingenommen.
WIENXTRA achtet darauf, dass alle Mitarbeiter_innen Fortbildungen in Anspruch nehmen können: Stärkung von Kindern und jungen Menschen und Förderung ihrer Selbstwirksamkeit, wertschätzende Sprache, Gewaltprävention.
6.4 Haltung von WIENXTRA
Gemeinsam entwickelte Haltung für ein wertschätzendes Miteinander und den Umgang mit jungen Menschen.
- Grundsätze für ein gutes Miteinander:
- Vergnügen: Spaß und Freude beim miteinander Sein, Spielen, Lernen und Arbeiten liegen uns am Herzen.
- Fairness: Ein ehrlicher und gerechter Umgang ist uns wichtig.
- Geborgenheit: Wir bemühen uns darum, dass sich alle entspannt fühlen und sorgen dafür, dass alle sicher sind.
- Wertschätzung: Wir gehen sorgsam mit uns selbst, miteinander, unseren Räumen & Arbeitsmaterialien und der Umwelt um.
- Respekt: Wir respektieren einander in unserer Vielfalt und Einzigartigkeit und setzen auf Einbeziehung.
- Ermutigung: Wir stärken uns gegenseitig und geben aufeinander acht.
- Teilhabe: Wir ermöglichen Beteiligung und Engagement.
- Würde & Schutz: Wir treten gegen jede Form der Gewalt auf.
- Offenheit: Wir heißen Rückmeldungen willkommen und ermöglichen durch Offenheit Weiterentwicklung.
- Entfaltung: Wir glauben an die Talente und Fähigkeiten von jungen Menschen und geben ihnen Raum.
In allen unseren Einrichtungen und bei Events mit Zielgruppenkontakt hängen unsere Willkommens-Plakate mit unseren Grundsätzen für ein gutes Miteinander, um bei Nichteinhaltung auf diese verweisen zu können.
Sexuelle Rechte
Wir orientieren uns an den internationalen Rechtsnormen.
"Alle Menschen haben das Recht, frei und unabhängig über ihre Körper, ihre sexuelle Identität und ihre Fortpflanzung zu entscheiden." UN-Menschenrechtskonvention
"Sexualität bezieht sich auf einen zentralen Aspekt des Menschseins über die gesamte Lebensspanne hinweg, der das biologische Geschlecht, die Geschlechtsidentität, die Geschlechterrolle, sexuelle Orientierung, Lust, Erotik, Intimität und Fortpflanzung einschließt. Sie wird erfahren und drückt sich aus in Gedanken, Fantasien, Wünschen, Überzeugungen, Einstellungen, Werten, Verhaltensmustern, Praktiken, Rollen und Beziehungen." Definition laut WHO
Sexualpädagogische Haltung
- Alle jungen Menschen sind von Geburt an sexuelle Wesen, unabhängig von ihrem Geschlecht.
- Sexualität ist ein natürlicher und wertvoller Bestandteil menschlicher Entwicklung.
- Sexualität ist in unterschiedlichen Facetten und Ausgestaltungen ein Grundbedürfnis und ein Teil der Identität eines jeden Menschen.
- Sexuelles Lernen findet in vielen Situationen statt, nicht erst dann, wenn Sexuelles wahrgenommen werden kann.
- Die sexuelle Entwicklung von Kindern und Jugendlichen muss im pädagogischen Alltag immer beachtet und mitgedacht werden.
- Innerhalb unserer Teams können Themen im Kontext Sexualität, sexueller Gewalt bzw. sexueller Grenzüberschreitung angstfrei besprochen werden.
6.5. Standards für die Kommunikation und Datenschutz
Der Fachbereich Kommunikation von WIENXTRA achtet auf die Einhaltung der Kinderschutzrichtlinie und der Standards der Kinderrechtskonvention. Bei der Herstellung und Verbreitung medialer Inhalte wird die Würde der Kinder/Jugendlichen gewahrt und ihre Identität geschützt. Die Mitarbeiter_innen machen Medienvertreter_innen und Journalist_innen auf die Rahmenbedingungen der Berichterstattung inklusive Schutzmaßnahmen für besonders gefährdete Kinder/Jugendliche aufmerksam.
WIENXTRA verpflichtet sich zum besonders sorgfältigen Umgang bei der Aufnahme und bei der Veröffentlichung von Fotos und Bewegtbildern von Kindern und Jugendlichen. Für beides müssen Jugendliche schriftlich zustimmen, für unter 14-Jährige muss auch die Zustimmung der Obsorgeberechtigten vorliegen. Wenn vom Alter her möglich, können unter 14-Jährige auch schriftlich zustimmen, bei jüngeren Kindern reicht ihre mündliche Einwilligung.
Sowohl bei Fotos als auch bei Filmen wird darauf geachtet, dass keine identifizierenden Informationen vorkommen, die den Aufenthaltsort von Kindern preisgeben könnten.
Bei der Verwendung von Fotos, Videos oder persönlichen Informationen von Kindern/Jugendlichen und jeder Form der Datenverarbeitung werden die Standards der DSGVO eingehalten, wie in der Datenschutzrichtlinie von WIENXTRA festgelegt.
Kinder und Jugendliche müssen in für sie verständlicher Weise darüber informiert werden, wie ihre Informationen, Bilder bzw. Filme verwendet werden.
Interviewen von Kindern und Jugendlichen
Bei Interviews und Befragungen werden folgende Grundprinzipien beachtet, um die Würde und Rechte der Kinder und Jugendlichen zu wahren: Bevor ein Kind/ein_e Jugendliche_r einwilligt, als Interviewpartner_in zur Verfügung zu stehen, muss es ausreichend über das Ziel und die geplanten Themen des Interviews sowie sein_ihr Recht, ihre Einwilligung jederzeit zu widerrufen, aufgeklärt werden. Der_die Interviewer_in sollte zu Beginn des Interviews das Verständnis des Kindes bzw. der jungen Person für das Einverständnis überprüfen.
Bereitstellung von Unterstützung bei unter 14-Jährigen: Während des Interviews sollte eine zusätzliche Person anwesend sein, mit der das Kind vertraut ist. Das Kind sollte die Wahl haben, wer es während des Interviews unterstützt. Vor Beginn des Interviews ist klarzustellen, dass das Kind nur sprechen muss, wenn es sich wohl fühlt, und dass es jederzeit seine Zustimmung zurückziehen und das Interview beenden kann. Wenn das Interview aufgezeichnet wird, muss das Kind/der_die Jugendliche darauf hingewiesen werden.
6.6. Professionelles Beschwerdemanagement
Alle Beschwerden zum Kinderschutz werden sehr ernst genommen und ihnen wird zu 100 Prozent nachgegangen. Wir reagieren auf Beschwerden offen, aufmerksam, mit Verständnis und Betroffenheit. Unser_e Kinderschutzbeauftragte setzt sich unmittelbar nach bekannt werden eines Vorfalls mit den Betroffenen (Opfer wie Täter_in) in Verbindung. Alle Informationen und Kontaktdaten zum Kinderschutz bei WIENXTRA sind auf unserer Homepage abgebildet.
Anonymes Hinweisgeber_innensystem für Erwachsene
WIENXTRA verfügt über ein eigenes Hinweisgeber_innensystem, an das man sich jederzeit anonym wenden kann, wenn man Verstöße gegen den Kinderschutz melden möchte. Man kann Meldungen auch ohne Angabe von Kontaktdaten abgeben. Durch die Einrichtung eines geschützten Postfachs können wir über den aktuellen Bearbeitungsstatus auch anonyme Hinweisgeber_innen auf dem Laufenden halten und bei Bedarf Rückfragen stellen. In der WIENXTRA Compliance Ordnung haben wir die Gesamtheit der in unserem Verein eingerichteten Maßnahmen, Strukturen und Prozesse zusammengefasst, um Regelkonformität sicherzustellen. Das betrifft sowohl rechtsverbindliche als auch ethische Regeln. Hinweisgeber_innen-System
Beschwerden und Feedback
Bei allen WIENXTRA-Angeboten gibt es der Situation und dem Alter der Zielgruppe angepasste Möglichkeiten für Feedback. Bei Events wird auf Plakaten um Feedback gebeten, zum Beispiel von Kindern mittels Klebepunkte zum Draufkleben, von Jugendlichen mittels QR-Codes zu Feedbackbögen. So erhalten wir rasch und einfach direkte Rückmeldungen.
Erkennen von Grenzverletzungen
Verdachtsfälle von Grenzverletzungen bis hin zu (sexualisierter) Gewalt beginnen meist mit einem komischen Gefühl, einer vagen Vermutung, ohne die Wahrnehmung konkret fassbarer Handlungen. Wichtige Voraussetzungen für das Erkennen von Grenzverletzungen sind:
- eine offene Gesprächskultur im Team,
- ehrliches Feedback,
- Gefühle und Unsicherheiten ansprechen zu können und
- Risikominimierung bei der Planung.
Nicht jede Grenzverletzung ist ein meldepflichtiger Verdachtsfall, kann aber trotzdem ein Eingreifen erfordern.
Einstufungsraster für Umgang mit grenzverletzendem Verhalten
6.7. Transparentes Fallmanagement
Für die professionelle Abwicklung von Verdachtsfällen wurden Leitfäden entwickelt. Das standardisierte Vorgehen soll den transparenten Informationsfluss zwischen den Akteur_innen sicherstellen.
Überblick Melde- und Fallmanagement
Die zentrale Anlaufstelle für alle Verdachtsfälle ist die_der KSB. Diese_r führt die ersten Klärungen durch, stellt fest, ob sich der Verdacht erhärtet oder nicht und entscheidet in Absprache mit der Geschäftsführung über die weiteren Schritte. Alle betroffenen Personen werden über das Vorgehen unter Einhaltung geltender Datenschutzbestimmungen und Verschwiegenheitspflichten informiert.
Die_der KSB erhält die Meldung eines Verdachts:
- Sie_er informiert die Geschäftsführung.
- Sie_er führt erste Klärungen durch.
- Bei erhärtetem Verdacht stellt sie Hilfe für das betroffene Kind/den_die betroffene_n Jugendli-che_n sicher und informiert das Jugendamt oder eine Krisenschutz Einrichtung, und übergibt den Fall wenn nötig an die Polizei.
- Bei entkräftetem Verdacht führt sie_er Gespräche mit allen Involvierten.
- Sie_er ist die Schnittstelle zwischen allen Beteiligten und informiert sie über Vorgangsweise, Datenschutz und Verschwiegenheitspflicht.
- Die in Verdacht geratene Person (Mitarbeiter_in, Werkvertrag, Kooperationspartner_in, …) wird bis zur Klärung von der Arbeit mit Kindern abgezogen und/oder die Zusammenarbeit ruhend gestellt.
- Bei Bestätigung des Verdachts wird die Zusammenarbeit beendet.
- Jeder Fall wird dokumentiert.
Kinder und Jugendliche werden in angemessener Form und verständlicher Sprache über die Vorgangsweise sowie die Ansprechpersonen informiert. Bei allen Verdachtsfällen ist es zunächst von zentraler Bedeutung, Ruhe zu bewahren. Der Opferschutz hat höchste Priorität, eine sensible Vorgehensweise ist sicherzustellen. Ziel des Fallmanagements ist es, Fälle von Missbrauch und Gewalt frühzeitig zu erkennen und bei Verdachtsfällen eine adäquate und schnelle Untersuchung der jeweiligen Situation zu ermöglichen. Eine Überprüfung und erste Abklärungen durch die_den KSB haben umgehend nach Bekanntwerden des Verdachts zu erfolgen. Diese sind gemäß Datenschutzrichtlinien sowie auf einer fairen Basis durchzuführen.
Handlungsgrundsätze im Verdachtsfall für alle Mitarbeiter_innen:
- Ruhe bewahren und mit Bedacht handeln (keine zu frühe Information an Obsorgeberechtigte oder Behörden)
- Zuhören, ernst nehmen, Glauben schenken
- Bestärkung des Kindes, dass es richtig gehandelt hat
- Vermeiden von wiederholten, intensiven Befragungen durch wechselnde Personen
- Nach Wünschen und Befürchtungen fragen
- Vermeidung von Suggestivfragen
- Keine voreiligen Versprechungen machen
- Keine Gegenüberstellung mit dem Täter/der Täterin
- Jeder und jedem Beteiligten ihre_seine eigene Beratung
- Konzentration auf die Sachebene, keine Bewertungen
- Sämtliche Wahrnehmungen dokumentieren
- In der Dokumentation unterscheiden zwischen eigener Wahrnehmung, Vermutung und Erzählung Dritter
- Information über weitere Schritte, Meldungen, Befragungen und Absprachen
- Keine zu frühe oder zu detaillierte Information an Beschuldigte, mit KSB abstimmen
- Für Sicherheit der betroffenen Kinder sorgen, etwaige Drohungen des Täters/der Täterin abklären
- Falls nötig, medizinische oder andere professionelle Hilfe organisieren
- Sorgsam mit den Daten und Detailinformationen über den Sachverhalt umgehen
6.8. Kinderschutzbeauftragte_r (KSB)
Der Vorstand ernennt eine_n kompetente_n Mitarbeiter_in zur_zum Kinderschutzbeauftragten.
Zentrale Aufgaben der_des KSB sind:
- Transparentes Fallmanagement
- Schnittstelle für das Krisenmanagement im Verdachtsfall
- Begleitung und Sicherstellung der Umsetzung der KSR
- Initiierung von Fortbildung zu Kinderschutz und Gewaltprävention
- Monitoring und jährlicher Bericht an den Aktionsausschuss
- Evaluation der KSR und Risikoanalyse für WIENXTRA alle drei Jahre
6.9. Evaluation der KSR und Risikoanalyse
Eine strukturelle Risikoanalyse zum Kinderschutz für ganz WIENXTRA wird von der_dem Kinderschutzbeauftragten alle drei Jahre vor der Evaluierung der KSR vorgenommen.
Bei der Risikoanalyse werden alle Risiken überprüft, die in unseren Strukturen liegen könnten.
Wir definieren Kinderschutz primär in Richtung Kinder/Jugendliche zu stärken und bemühen uns um Gewaltprävention auf allen Ebenen und dazu gehört auch, alle Risiken im Vorhinein zu identifizieren und abzumildern. Es sollen dabei alle konkreten Risiken nach den Bereichen laut der jeweiligen Riskoanalyse benannt werden. Für jedes Risiko wird die Eintrittswahrscheinlichkeit in den Abstufungen gering, mittel oder hoch bewertet. Abschließend werden Maßnahmen zur Minimierung des jeweiligen Risikos erarbeitet.
Eine erste im September 2020 durchgeführte strukturelle Risikoanalyse bildete die Grundlage für die Entwicklung der Präventionsmaßnahmen dieser KSR. Seitdem haben wir unsere Präventionsmaßnahmen kontinuierlich weiterentwickelt und den Kinderschutz in unseren Einrichtungskonzepten und bei der Konzeption neuer Angebote von Beginn an mitgedacht.
2024 erfolgte eine zweite Risikoanalyse auf Leitungsebene für die Risikobereiche: Personal, Umgang mit Kindern/Jugendlichen, Entscheidungsstrukturen/Machtverhältnisse und Social Media. Für die WIENXTRA-Einrichtungen wurde ein Raster zur Durchführung von Risikoanalysen für alle Aktionen/Angebote entwickelt. Die Risikoanalyse soll mindestens 1 Mal jährlich durchgeführt werden.
6.10. Dokumentation und Bekanntmachung
WIENXTRA überprüft die Umsetzung seiner Kinderschutzrichtlinie regelmäßig. Ziel ist ein fortlaufender organisationsinterner Lernprozess zur Verbesserung des Kinderschutz-Systems für WIENXTRA. Dies geschieht beispielsweise durch folgende Maßnahmen:
Die_der KSB berichtet einmal pro Jahr schriftlich dem Aktionsausschuss.
Jeder einzelne (Verdachts-)Fall wird abschließend dokumentiert und gemäß den Datenschutzbestimmungen abgelegt.
Falls erforderlich passen wir unsere Kinderschutzstandards laufend an. Alle drei Jahre wird die KSR einer internen Überprüfung unterzogen und überarbeitet.
Die Dokumentation liegt in der Verantwortung des_der Kinderschutzbeauftragten.
WIENXTRA hat die KSR seit Jänner 2022 auf der Webseite veröffentlicht sowie alle Mitarbeiter_innen und Kooperationspartner_innen darüber informiert.
Die WIENXRA Kinderschutzrichtlinie wurde 2023 von der Plattform Kinderschutzkonzepte zertifiziert.
7 Kontakt
WIENXTRA-Kinderschutzbeauftragte
Sonja Brauner
sonja.brauner@wienxtra.at
Tel. 0699 156 84352
Bettina Schwarzmayr
bettina.schwarzmayr@wienxtra.at
Tel. 0699 156 84353
8 Dokumente zum Download
WIENXTRA-Kinderschutzrichtlinie.pdf
Verhaltenskodex zum Kinderschutz.pdf
Überblick Melde- und Fallmanagement.pdf
Einstufungsrater für Umgang mit grenzverletzendem Verhalten.pdf
Integrityline: Hier können Verstößen gegen die Kinderschutzrichtlinie anonym gemeldet werden
Weitere Infos und Links zu den Themen Kinderschutz, Risikoanalyse und Sexualpädagogik